Robert Steuckers:
Technopol und Maschinen-Ideologien
Analyse: Neil POSTMAN, Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft, S. Fischer Verlag, 1991, 221 S., ISBN 3-10-062413-0.
Neil
Postman, zeitgenößischer amerikanischer Denker und Soziolog, ist
hauptsächlich für seine Bücher über die Fernsehen-Gefahren bei Kindern
bekannt. In seinem Buch Das Technopol
klagt er den Technizismus an, wobei er nicht die Technik als solche
ablehnt, sondern die Mißbräuche davon. In seiner Einleitung, spricht
Postman eine deutliche Sprache: Die Technik ist zwar dem Menschen
freundlich, sie erleichtert ihm das Leben, aber hat auch dunkle Seiten.
Postman: «Ihre Geschenke sind mit hohen Kosten verbunden. Um es
dramatisch zu formulieren: man kann gegen die Technik den Vorwurf
erheben, daß ihr unkontrolliertes Wachstum die Lebensquellen der
Menschheit zerstört. Sie schafft eine Kultur ohne moralische Grundlage.
Sie untergräbt bestimmte geistige Prozesse und gesellschaftliche
Beziehungen, die das menschliche Leben lebenswert machen» (S. 10). Weiter
legt Postman aus, was die Maschinen-Ideologien eigentlich sind und
welche Gefahren sie auch in sich tragen. Postman macht uns darauf
aufmerksam, das gewisse Technologien unsichtbar sein können: so Postman:
«Management, ähnlich der Statistik, des IQ-Messung, der Notengebung
oder der Meinungsforschung, funktionniert genau wie eine Technologie.
Gewiß, es besteht nicht aus mechanischen Teilen.
Es besteht aus
Prozeduren und Regeln, die Verhalten standardisieren sollen. Aber wir
können ein solches Prozeduren- und Regelsystem als eine Verfahrensweise
oder eine Technik bezeichnen; und von einer solchen Technik haben wir
nichts zu befürchten, es sei denn, sie macht sich, wie so viele unserer
Maschinen, selbstständig. Und das ist der springende Punkt. Unter dem
Technopol neigen wir zu der Annahme, daß wir unsere Ziele nur erreichen
können, wenn wir den Verfahrensweisen (und den Apparaten) Autonomie
geben.
Diese
Vorstellung ist um so gefährlicher, als sie niemand mit vernünftigen
Gründen gegen den rationalen Einsatz von Verfahren und Techniken stellen
kann, mit denen sich bestimmte Vorhaben verwirklichen lassen. (...) Die
Kontroverse betrifft den Triumph des Verfahrens, seine Erhöhung zu
etwas Heiligem, wodurch verhindert wird, daß auch andere
Verfahrensweisen eine Chance bekommen» (S. 153-154). Weiter warnt uns
Postman von einer unheimlichen Gefahr, d. h. die Gefahr der Entleerung
der Symbole. Wenn traditionnelle oder religiöse Symbole beliebig
manipuliert oder verhöhnt werden, als ob sie mechanische Teilchen wären,
entleeren sie sich.
Hauptschuldige daran ist die Werbung, die einen
ständig größeren Einfluß über unseres tägliche Denken ausübt und die die
Jugend schlimm verblödet, so daß sie alles im Schnelltempo eines
Werbungsspot verstehen will. Um Waren zu verkaufen, manipulieren die
Werbeleute gut bekannte politische, staatliche oder religiöse Symbole.
Diese werden dann gefährlich banalisiert oder lächerlich gemacht, dienen
nur noch das interressierte Verkaufen, verlieren jedes Mysterium,
werden nicht mehr mit Andacht respektiert. So verlieren ein Volk oder
eine Kultur ihren Rückengrat, erleben einen problematischen Sinnverlust,
der die ganze Gemeinschaft im verheerenden Untergang stoßen.
Postmans
Bücher sind wichtig, weil sie uns ganz sachlich auf zeitgenößischen
Problemen aufmerksam machen, ohne eine peinlich apokalyptische Sprache
zu verwenden. Zum Beispiel ist Postman klar bewußt, daß die Technik
lebenswichtig für den Menschen ist, denunziert aber ohne unnötige Pathos
die gefährliche Autonomisierung von technischen Verfahren. Postman
plädiert nicht für eine irrationale Technophobie. Schmittianer werden in
seiner Analyse der unsichtbaren Technologien, wie das Management, eine
tagtägliche Quelle der Delegitimierung und Legalisierung der politischen
Gemeinschaften. Politisch
gesehen, könnten die soziologischen Argumente und Analysen von Postman
eine nützliche Illustration der Legalität/Legitimität-Problematik sein
(Robert STEUCKERS).
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