Die Ideen von 1914 - Werner Sombart - Händler und Helden. Patriotische Bestimmungen


Die Ideen von 1914

Werner Sombart - Händler und Helden. Patriotische Bestimmungen

Die vierte Einheit des GegenUni-Seminars "Die Ideen von 1914 " von Nils Grunemann (Geschichts-und Religionswissenschaftler). Über "Händler und Helden" (1915) von Werner Sombart (1863-1941) 

 1:57 "Das geschieht, indem wir die Seele eines Volkes, seinen Geist, sein Wesen zu erfassen trachten. Diese "Volksseele", dieser "Volksgeist" - möge wir ihn metaphysisch, oder rein empirisch fassen - ist jedenfalls ein Etwas, dessen Bestand nicht geleugnet werden kann, das ein selbstständiges Dasein hat eben und über allen einzelnen Angehörigen eines Volkes! [...] Diese Volksseele spricht aus tausend Eigenheiten eines Volkes [...]: aus Philosophie und Kunst, aus Staat und Politik, aus Sitten und Gewohnheiten"  

4:30 "Ich verstehe unter Händlergeist diejenige Weltauffassung, die an das Leben mit der Frage herantritt: was kannst du Leben mir geben; die also das ganze Dasein des einzelnen auf Erden als eine Summe von Handelsgeschäften ansieht, die jeder möglichst vorteilhaft für sich mit dem Schicksal oder dem lieben Gott [...] oder seinen Mitmenschen im einzelnen oder im ganzen [...] abschließt"  

10:28 "Diese "Gleichgewichtsidee" ist nun offenbar wiederum aus händlerischen Geiste geboren: es ist das Bild der Waage, die der Krämer in der Hand hält, um Rosinen und Pfeffer abzuwiegen. [...] es ist eine rein mechanische Auffassung von allem Staatlichen, das "Kräfte" im "Gleichgewicht" erhalten will. "Abwägen" kann man nur tote Stoffe; aber nicht Lebewesen, was Staaten in Wirklichkeit sind. [...] Als ob das Völkerrecht nichts anders wäre als das Fazit einer politischen Rechenkunst"  

12:48 "Deutsches Denken und deutsches Empfinden äußert sich zunächst einmal in der einmütigen Ablehnung alles dessen, was auch nur von ferne englischen oder insgesamt westeuropäischen Denken und Empfinden nahe kommt. [...] mit Entschiedenheit hat jeder deutsche Denker, aber auch jeder deutsche, der deutsch dachte, zu allen Zeiten den Utilitarismus, den Eudämonismus, also alle Nützlichkeits- und Glücks- und Genußphilosophien abgelehnt: darin waren sich die feindlichen rüder Schopenhauer und Hegel, und Fichte und Nietzsche, waren sich Klassiker und Romantiker, waren sich Potsdamer und Weimarer, waren sich alte und neue Deutsche einig". 

15:54 "Deutsch sein, heißt ein Held sein. [...] Händler und Held: sie bilden die beiden Gegensätze, bilden gleichsam die beiden Pole aller menschlichen Orientierung auf Erden. Der Händler [...] tritt an das Leben heran mit der frage: was kannst du Leben mir geben; [...] der Held tritt ins Leben mit der Frage: was kann ich die Leben geben? Er will schenken, will sich verschwenden, will sich opfern - ohne Gegengabe, das macht: er ist rech. Der Händler spricht nur von "Rechten"; der Held nur von "Pflichten", die er hat"  

19:29 "[...] der Staat sei weder von Individuen begründet oder gebildet, sei kein Aggregat von Individuen, noch habe er den Zweck, irgendwelche Interessen der Individuen zu fördern. Vielmehr sei der Staat die zur Einheit zusammengefaßte Volksgemeinschaft, sei er die bewußte Organisation eines Überindividuellen, dem die einzelnen Individuen als Teile zugehören" "Aber es ist die Eigenart der deutschen Staatsauffassung, daß sie das Individuum nicht vom Staate verschlingen läßt, sondern deutschen Individualismus und christlicher Eigenwertigkeit mit dem Gedanken der antiken [...] Staatsallmacht zu versöhnen trachtet" "Alles, was sich auf militärische Dinge bezieht, hat bei uns Vorrang. Wir sind ein Volk von Kriegern. Den Kriegern gebühren die höchsten Ehren im Staate"  

22:34 "Was kann deutscher Militarismus anderes sein als der deutsche Geist, den wir kennen gelernt haben? [...] Militarismus ist die Sichtbarwerdung des deutschen Heldentums. [...] Militarismus ist der zum kriegerischen Geist hinaufgesteigerte heldische Geist. Er ist Potsdam und Weimar in höchster Vereinigung. Er ist "Faust" und "Zarathustra" und Beethoven-Partitur in den Schützengräben"  

24:25 "Die Idee des Vaterlandes wird erst zu einer Leben weckenden Kraft durch die Mittlerrolle des Militarismus" "Der Krieg, der die Vollendung der heldischen Weltanschauung bildet, der aus ihr hervorwächst, ist notwendig, damit diese heldische Weltanschauung selber nicht den ist den Mächten des Bösen, nicht dem kriechenden Händlergeiste zum Raube werde"  

29:41 "Da ereignete sich das Wunder. Der krieg kam. Und aus tausend und abertausend Quellen brach ein neuer geist hervor: nein - kein neuer geist! Es war der alte, deutsche Heldengeist, der nur unter der Asche geglommen hatte, und der nun plötzlich wieder zur Flamme entfacht worden war".

 

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